Taekwondoathletin Vanessa Beckstein bei den Jugendspielen in Buenos Aires
Traum von olympischer Medaille ging nicht in Erfüllung
Die 17-Jährige vom SV Nennslingen schied im Viertelfinale trotz einer furiosen Aufholjagd aus - Endtäuschung ja, aber auch Freude bei einem solchen Riesenturnier dabei zu sein.
Von Uwe Mühling
Der Traum vom Medaillengewinn bei den Olympischen Jugendspielen ist für Vanessa Beckstein nicht in Erfüllung gegangen. Die 17-JährigeTaekwondo-Ausnahmeathletin aus den Reihen des SV Nennslingen schied bei dem sportlichen Highlight in Buenos Aires im Viertelfinale aus. Dennoch war es eine außergewöhnliche Leistung, sich überhaupt als einzige deutsche Taekwon-do-Kämpferin für Olympia qualifiziert zu haben.
Irgendwie lief es an dem Wettkampftag im "Oceania Pavillon" nicht so wie erhofft für die amtierende Jugend-Europameisterin und Weltmeisterschaftsdritte vom Jura. Im Achtelfinale war zunächst der Kampf gegen die Mazedonierin Anamarija Georggieyska angesetzt. das Duell war aber schon auf der Waage entschieden, denn Vanessas Gegnerin war zu schwer für die Ge-wichtsklasse bis 55 kg und wurde disqualifiziert. Vanessa freute sich natürlich, gleich im Viertelfinale zu stehen. Im Nachhinein gesehen hätte der Nennslingerin der Fight vielleicht gut getan, wie sie selber sagt, um in den Wettbewerb zu finden.
Jedenfalls hatte es Vanessa Beckstein, die im Vorfeld monatelang hart und intensiv trainiert hatte und in Buenos Aires von Bundestrainer Marco Scheiterbauer gecoacht wurde, im Viertelfinale mit der starken griechischen Vertreterin Fani Tzeli zu tun hatte. Die erste Runde ging mit 5:0 Punkten an Fani Tzeli, die im zweiten Abschnitt 8:0 nachlegte. Dann blies Vanessa Beckstein zur Aufholjagt und verkürzte zum Ende von Runde zwei auf 10:8. Der Kampf war wieder offen. Im dritten Durchgang kam Vanessa 40 Sekunden vor Schluss sogar auf 12:11 heran. Es knisterte vor Spannung, dann aber zog die Griechin wieder davon und verbuchte die dritte Runde noch mit 19:11 für sich.
Der Endstand von 11:19 aus Vanessas Sicht bedeutete für die mehrfache Deutsche Meisterin das vorzeitige Aus. "Ich habe einfach zu viel gewartet und zu viel mit dem Kopf agiert und mich zu wenig auf mein Bauchgefühl verlassen", lautete ihre erste Analyse. Auch als sie in der dritten Runde dran war, habe sie letztlich "zu viel überlegt". Folglich verlor sie den Kampf und beendete das olympische Turnier auf Platz fünf. Fani Tzeli stand hingegen im Halbfinale, wo sie gegen die spätere Goldmedaillen-Gewinnerin Kanthida Saengsin aus Thailand verlor. Rang zwei ging an die Marokkanerin Safia Salih. Bronze bekam neben Tzeli auch die Brasilianerin Sandy Camilia Leite-Madeco.
Scholz "Da war mehr drin"
Vanessa, die in Argentinien auch von ihrer Schwester (und Trainingspartnerin) Isabel sowie von ihrer Mutter Marika unterstützt wurde, wäre am Ende auch gerne auf dem Treppchen gestanden. "Das war direkt nach dem Kampf schon eine ziemlich heftige Enttäuschung für mich, weil ich nur einen Sieg gebraucht hätte, um den Traum von einer Medaille für mich und alle, die mich unterstützt haben, wahr zu machen", war Vanessas erste Reaktion. in den Stunden danach setzte sich dann doch ein anderer Gedanke durch: "Ich sehe das Positive, denn überhaupt bei einem solchen Riesenturnier dabei zu sein, ist schon der Hammer und ich versuche daraus zu lernen". Trost und Aufmunterung kamen gleich von der Deutschen Taekwondo-Union (DTU) "Kopf hoch, Du warst Teil der Deutschen Olympischen Mannschaft und das haben bisher noch nicht viele Kämpfer geschafft", lautete die Botschaft an Vanessa, deren "energische Aufholjagd leider nicht belohn wurde".
Auch Vanessas Heimtrainer beim SV Nennslingen, Horst Scholz, konnte seine Endtäuschung nicht verbergen. "Vanessa war optimal vorbereitet und war top drauf. Sie ist in dem Kampf aber leider unter ihren Möglichkeiten geblieben", sagte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Scholz hat sich den Fight zu Hause in Nennslingen im Livestream angeschaut, dabei allerdings einige taktische Fehler ausgemacht. "Sicher war die Griechin eine äußerst unbequeme und auch körperlich viel größere Gegnerin, dennoch war für Vanessa, die eigentlich eine Bewegungs-künstlerin ist, mehr drin".
Von ihren rund 70 registrierten Kämpfen hat Vanessa Beckstein etwa 80 Prozent gewonnen - eine strake Quote und umso bitterer ist es, dass nun ausgerechnet der olympische Fight verloren ging. Mit einem Sieg wäre sie im Halbfinale gestanden und hätte dabei durch das Reglement im Taekwondo bereits eine Medaille sicher gehabt. In den kommenden Tagen wird sie den Kampf sicher noch öfter durchgehen und mit ihren Trainern genau analysieren. Vor allem aber wird sie versuchen, die verbleibenden Tage in Buenos Aires zu genießen, viel vom besonderen Flair der Jugendolympiade mitnehmen und möglichst viele andere Sportarten kennenzulernen. Diese einzigartigen Erlebnisse und Erfahrungen wird der angehenden Abiturientin (12. Klasse am Wei-ßenburger Gymnasium) keiner mehr nehmen.
Empfang in Nennslingen
Rückflug mit der gesamten deutschen Mannschaft ist für Vanessa am 20. Oktober (Mutter und Schwester fliegen schon früher).Wenige Tage nach der Heimkehr gibt es in Nennslingen im SVN-Sportheim einen Empfang ihres Heimatvereines und der Marktgemeinde für die Ausnahmesportlerin. Termin ist Dienstag, 23. Oktober, um 19 Uhr. Der Empfang war bereits vor Olympia geplant und soll die herausragenden Leistungen der 17-Jährigen würdigen.
Ausgezeichnet werden bei diesem Anlass auch ihre ältere und ebenfalls sehr erfolgreiche Schwester Isabel sowie ihr Trainer Horst Scholz, der seit 40 Jahren Taekwondotrainer am Jura arbeitet und seit 1989 die entsprechende Sparte beim SV Nennslingen leitet.
Die III. Olympischen-Jugend-Sommerspiele laufen vom 6. bis 18. Oktober in Buenos Aires. In der argentinischen Hauptstadt kämpfen mehr als 3000 Athleten aus über 200 Ländern zwischen 15 und 18 Jahren bei 185 Wettbewerben in 28 Sportarten um Medaillen. 75 Toptalente wurden für Deutschland nominiert - unter ihnen auch Vanessa Beckstein vom SV Nennslingen (Taekwondo). Im Juli 2013 erhielt Buenos Aires den Zuschlag vom Internationalen Olympic Comitee (IOC). Für die Ausrichtung hatten sich auch Glasgow, Guadalajara, Medellin, Posen und Rotterdam beworben. Es ist die dritte Jugendolympiade nach 2010 in Singapur und 2014 in Nanjing/China. Vor acht Jahren gewann die Störzelbacherin Antonia Katheder (TSV Weißenburg) in Singapur die Silbermedaille und zwar ebenfalls im Taekwondo. Botschafter der Spiele in Buenos Aires 2018 ist kein Geringerer als Fußball-Superstar Lionel Messi.
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